Presse-Statement zu den heute vorgestellten Eckpunkten zur Reform der Notfallversorgung

Heute hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach Eckpunkte zur Reform der Notfallversorgung vorgestellt. Hierzu erklärt der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried:

„Mit den heute vorgelegten Eckpunkten werden mehr Brücken gebaut als Gräben aufgerissen. Viele Erfahrungen aus der Regelversorgung und aus Modellprojekten scheinen Eingang in die Reformüberlegungen gefunden zu haben. So soll die Zusammenarbeit aller Beteiligten in der Akut- und Notfallversorgung gestärkt werden. Allerdings betrifft der Schwerpunkt der Neuregelungen den Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigungen. Ziel ist, dass Patientinnen und Patienten mit dringlichen Behandlungsanliegen künftig koordiniert und möglichst ressourcenschonend am richtigen Ort medizinisch versorgt werden. Bestehende Strukturen sollen schrittweise weiterentwickelt werden, um bei der medizinischen Versorgung Hilfesuchender noch enger zusammen zu arbeiten.

Bereits bestehende Kooperationsprojekte zwischen den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Rettungsleitstellen sollen eine Rechtsgrundlage erhalten. Damit sollen auch möglichst viele Rettungsleitstellen eingebunden werden. Da im Rahmen der Kooperationen mehr Hilfesuchende von der 112 an die 116117 abgegeben werden sollen, müssen die Ressourcen der Terminservicestellen gestärkt und endlich auch die Krankenkassen zur Finanzierung dieser wichtigen Infrastruktur herangezogen werden. Dies ist eine notwendige Voraussetzung für einen schrittweisen Ausbau der Erreichbarkeit von Terminservicestellen.  

Im Fokus steht auch die digitale Selbsteinschätzung. Angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftemangels ist sie ein zentraler Baustein, um kürzere Reaktionszeiten für alle Hilfesuchenden zu ermöglichen. Wichtig ist allerdings, dass die digitale Ersteinschätzung nach den gleichen Kriterien arbeitet wie die telefonische Ersteinschätzung der 116117. Diese wird künftig auch inhaltlich eng mit den Rettungsleitstellen abgestimmt sein, um eine effiziente Arbeitsteilung zwischen Notfall- und Akutversorgung zu gewährleisten.

Auch bei der Steuerung von Hilfesuchenden, die sich direkt an die Notaufnahme einer Klinik wenden, setzt das vorliegende Konzept auf eine Stärkung bestehender Kooperationsprojekte von Krankenhäusern, Kassenärztlichen Vereinigungen und Arztpraxen. Wichtig ist, dass Hilfesuchende im Krankenhaus künftig auf eine zentrale Ersteinschätzungsstelle treffen. Diese muss beurteilen, ob eine umgehende Behandlung in der Notaufnahme notwendig, eine Weiterleitung in eine Bereitschaftspraxis oder – während der regulären Öffnungszeiten – in eine nahe Arztpraxis angezeigt ist. Eine finanzielle Förderung dieser Kooperationspraxen hilft, dass diese sich in ihrer Praxisorganisation auf die kurzfristige Übernahme ersteingeschätzter Hilfesuchender von einer Notaufnahme ausrichten können. Somit ist das kontroverse Konzept der 24/7 durch Praxisärztinnen und -ärzte besetzten Integrierten Notfallzentren (INZ) von einer funktionsfähigen Alternative ersetzt worden. Richtig ist auch, dass nicht an jedem Krankenhausstandort ein INZ gefordert wird, sondern anhand von Daten und erwarteter Auslastung entschieden werden soll.

Last, but not least: Wie Modellversuche bewiesen haben, kann der Rettungsdienst wirksam durch Hausbesuche nichtärztlicher Fachpersonen entlastet werden, die bei Bedarf telemedizinisch unterstützt werden. Die Vorhaltung der in den letzten Jahren stark beanspruchten Rettungswagen könnte hierdurch reduziert und vermeidbare Transporte in Kliniken verringert werden. Damit sollten der gesetzlichen Krankenversicherung problemlos die zur Finanzierung niedrigschwelliger aufsuchender Dienste notwendigen Mittel zur Verfügung stehen. So dürften die Krankenkassen trotz eines responsiven Versorgungsangebots mittelfristig entlastet werden. Das Angebot aufsuchender Dienste sollte dann auch folgerichtig in die Kooperationsbeziehungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Rettungsdiensten gelegt werden. Perspektivisch könnten damit nicht nur personalintensivere Rettungsfahrten, sondern auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von vermeidbaren ärztlichen Hausbesuchen, insbesondere außerhalb der Praxisöffnungszeiten, entlastet werden. Wenn der regionale Bedarf es erfordert, der Einsatz gut koordiniert wird und die Finanzierung stimmt, kann das eine zukunftsträchtige Ergänzung der Regelversorgung werden. Wichtig ist, dass der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Eckpunkte im Auge behält, dass die Regelversorgung gestärkt und damit die Notfallversorgung entlastet wird. Alles andere würde Erwartungen wecken, die nicht erfüllt werden könnten.“
 

Das Presse-Statement zum Download.
 

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Daniel Wosnitzka

Leiter Stabsstelle Kommunikation / Pressesprecher