April 2024

Praxen und Kliniken können die Preise für Leistungen der medizinischen Versorgung von gesetzlich Versicherten nicht selbst bestimmen. Es gelten Gebührenordnungen mit administrierten Preisen. Um welchen Betrag die Preise von Jahr zu Jahr anzupassen sind, resultiert dabei aus der Anwendung der gesetzlichen Regelungen zur Bestimmung des sogenannten Orientierungswerts (des jährlichen prozentualen Veränderungswerts). Trotz gleicher Begrifflichkeit unterscheiden sich die rechtlichen Vorgaben für Kliniken und Praxen erheblich. Dies wird in den unterschiedlichen Veränderungsraten deutlich: So stieg der Orientierungswert für die Vergütung der ambulanten Versorgung in den Praxen in den letzten fünf Jahren (seit 2019) insgesamt um lediglich 10,3 Prozent an. Im selben Zeitraum ist der korrespondierende Veränderungswert für die Krankenhäuser um 19,2 Prozent angehoben worden. Die Schere zwischen ambulanter und stationärer Vergütungsentwicklung öffnet sich damit immer weiter. Seit Jahren fällt dabei der Orientierungswert für die Praxen hinter die jährliche Inflationsrate zurück. 2024 liegt der Orientierungswert für die Praxen das 15. Jahr in Folge unterhalb der Inflationsrate. Dies behindert zunehmend die wirtschaftliche Arbeit der rund 100.000 Praxen mit ihren über 180.000 niedergelassenen Haus- bzw. Fachärztinnen und -ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.

„In den letzten Jahren konnte der gesetzlich geregelte Preisanstieg für ärztliche Leistungen nicht einmal den Zuwachs der steigenden Lohnkosten in den Praxen decken – geschweige denn den Anstieg anderer Betriebskosten. Das schränkt die verfügbaren Mittel für Investitionen ein und führt zu einer Verknappung des Leistungsangebots“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried.

Der kumulativen Inflationsrate in den Jahren 2022 bis 2024 in Höhe von 16,3 Prozent stehe eine Erhöhung des vom Bewertungsausschuss auf Basis der Vorjahresdaten und unter Inkaufnahme von Abschlägen vereinbarten Orientierungswertes von lediglich insgesamt 7,3 Prozent gegenüber, so von Stillfried weiter.

„Die für die Vergütung der Krankenhausleistungen zentralen Bundes- und Landesbasisfallwerte werden dagegen nach Maßgabe eines jährlich durch das Statistische Bundesamt ermittelten Orientierungswerts für Krankenhauskosten weiterentwickelt. Dieser ist von 2015 bis 2024 um 37,9 Prozent gestiegen, während der Orientierungswert für die Praxen im selben Zeitraum lediglich um 17,6 Prozent angehoben worden ist. Nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) sollen steigende Personalkosten künftig in voller Höhe auch unterjährig auf die Weiterentwicklung der Vergütungen der Krankenhäuser wirken. Trotz reduzierter Fallzahlen werden die Krankenhäuser demnach noch einmal zusätzlich finanziell bessergestellt als die Praxen, die angesichts des Fachkräftemangels und einer hohen Inanspruchnahme durch Patientinnen und Patienten jeden Finanzierungsbeitrag benötigen. Die gesetzliche Ungleichbehandlung von Kliniken und Praxen ist unverständlich. Angesichts der dringenden Notwendigkeit, jetzt alles für einen möglichst langfristigen Erhalt einer voll funktionsfähigen ambulanten Versorgung zu tun, müssen zur Festlegung des Orientierungswerts für die Praxen die gleichen Kriterien gelten wie für Krankenhäuser.“


Bildunterschrift:
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi):
Entwicklung des Veränderungswerts für Kliniken und des Orientierungswerts für Vertragsarztpraxen 2019-2023 (kumuliert, in Prozent)

Datenbasis:
GKV-Spitzenverband (Veränderungswert) // Kassenärztliche Bundesvereinigung (Orientierungswert)


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