Robuste technische Basis für digitale Kommunikation zwischen Rettungsdienst, Leitstellen und ärztlichem Bereitschaftsdienst // „Hohes Anwendungspotenzial für künftige sektorenübergreifende Kooperation in der Akut- und Notfallversorgung“
In Deutschland gibt es für die Notrufnummer 112 derzeit rund 230 Leitstellen, wovon die meisten durch Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) betrieben werden. Die Anforderungen an eine effiziente Vernetzung dieser Leitstellen mit anderen Einrichtungen steigen kontinuierlich. Ein wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang die effiziente Zusammenarbeit mit den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere bei Akut- und Notfalleinsätzen. Die technischen Möglichkeiten für einen medienbruchfreien digitalen Austausch relevanter Daten bestehen und sind in regionalen Projekten bereits in Anwendung. Dennoch werden Einsatzinformationen vielfach noch per Telefon ausgetauscht. Gründe für die geringe digitale Vernetzung sind unterschiedliche Datenstrukturen, die zu geringe Standardisierung existierender Schnittstellen sowie ein hoher organisatorischer Aufwand in Folge unterschiedlicher Dispositionsregeln. Auch aufgrund ihrer Fehleranfälligkeit sowie der mangelnden Dokumentation und Nachverfolgbarkeit sind die so genannten „warmen“ Übergaben per Telefon nicht mehr zeitgemäß. Der Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung fordert zudem eine Vereinheitlichung der Abfrage-Routinen, der Disposition sowie der digitalen Übergabe von Fällen, die in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Leitstelle fallen.
Vor diesem Hintergrund hat das Expertenforum UCRI (Universal Control Room Interface) des Bundesverbands Professioneller Mobilfunk (PMeV) aktuell die Version 2.0 der Schnittstellenspezifikation „Universal Control Room Interface“ (UCRI) veröffentlicht. UCRI 2.0 bietet eine robuste und zeitgemäße technische Basis, um die im Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung vorgesehenen verbindlichen digitalen Kommunikationswege zwischen Rettungsdienst, Leitstellen und Akutleitstellen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu unterstützen. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat diese Entwicklung intensiv begleitet und dabei auch auf die Anschlussfähigkeit der Schnittstelle an die Telematikinfrastruktur (TI) geachtet, um Doppelstrukturen für den ambulanten Bereich zu vermeiden. Für das Zi hat die Veröffentlichung von UCRI 2.0 eine strategische Bedeutung über die Leitstellen hinaus. Das Zi unterstützt die Weiterentwicklung von UCRI und erarbeitet gemeinsam mit dem TI-Messenger-Anbieter Famedly GmbH eine Lösung, die es ermöglicht, UCRI-2.0-Nachrichten in Echtzeit via TI-Messenger bidirektional auszutauschen. Diese Architektur schafft eine skalierbare, interoperable und bundesweite Vernetzung zwischen der Leitstellen-IT und dem System der Kassenärztlichen Vereinigungen, den Praxen sowie weiterer Einrichtungen im Gesundheitswesen.
„Bereits heute gibt es in Bremen erste Anwendungserfahrung mit der Schnittstelle UCRI 1.0 und der Nutzung des Matrixprotokolls zur Datenübertragung. Im Rahmen eines gemeinsamen Projekts der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen und der Leitstelle Bremerhaven sind erfolgreich Datensätze zwischen Rettungsdienstleitstelle und ärztlichem Bereitschaftsdienst strukturiert übermittelt worden. Die in diesem Kontext gesammelten Erkenntnisse sind auch in die UCRI-2.0-basierte Weiterentwicklung eingeflossen. Die gemeinsam mit Kassenärztlichen Vereinigungen, Feuerwehren, weiteren Rettungsdienstträgern und Industriepartnern entwickelte Lösung für die digitale Vernetzung der Leitstellen konkretisiert genau das, was im Entwurf des Notfallreformgesetzes als Gesundheitsleitsystem vorgesehen ist: die digital vernetzten und kooperierenden Leitstellen auf Seiten der 112 und der 116117. Daher sehen wir in diesem interoperablen Konzept ein hohes Anwendungspotenzial für die zukünftige sektorübergreifende Kooperation in der Akut- und Notfallversorgung“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
UCRI 2.0 adressiert grundlegende technische Herausforderungen im deutschen Leitstellenumfeld. Mit der Version 2.0 liegt nun eine deutlich modernisierte Spezifikation vor, die interoperable Datenaustauschprozesse ermöglicht und damit eine Grundlage für zukünftige sektorübergreifende Anwendungen schafft. Die aktualisierte Spezifikation trennt erstmals klar zwischen der sich dynamisch entwickelnden Fachlichkeit und der verlässlichen Transportschicht, erweitert die Kommunikationsfähigkeit, standardisiert die übertragenen Datenobjekte und steht vollständig digital als maschinenlesbares Schema zur Verfügung. Dies erleichtert Softwareherstellern die Implementierung und beschleunigt eine einheitliche technische Weiterentwicklung und ein Mapping auf den HL7 FHIR-Standard des Gesundheitswesens.
Die Medieninformation zum Download.