Keine Patentlösungen für den Ärztemangel in ländlichen Regionen

Wissenschaftler des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) halten nichts von überhasteten Lösungsvorschlägen gegen den Ärztemangel in ländlichen Regionen. „Nicht alles, was medienwirksam vorgeschlagen wird, hält einer näheren Überprüfung stand“, lautet das Fazit des Zi-Vorsitzenden Dr. Andreas Gassen. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich Ärzte bei der Wahl ihres Arbeitsortes vor allem an den infrastrukturellen Rahmenbedingungen orientieren.“

In vielen Umfragen rangieren Beschäftigungsmöglichkeiten für den Lebenspartner, Verfügbarkeit von Schulen und Kinder-Betreuungsangeboten, fachliche Austausch- und Kooperationsmöglichkeiten und städtische Lage per se ganz vorne auf der Kriterienliste junger Ärztinnen und Ärzte. Wer nicht in ländlichen Gebieten aufgewachsen ist, kann sich auch nur schwer vorstellen, dort künftig tätig zu sein.

Das Zi hat überprüft, inwieweit diese in Umfragen genannten Kriterien zur Erklärung der tatsächlich vorgefundenen Arztdichte beitragen. Tatsächlich werden die regionalen Unterschiede in der Arztdichte zu 85 % durch infrastrukturelle Eigenschaften erklärt (Abbildung 1). Mit anderen Worten: Ärzte verhalten sich bei der Wahl ihres Arbeitsstandorts wenig überraschend nicht anders als die Industrie und die breite Bevölkerung. In den durch Abwanderung gekennzeichneten, überwiegend ländlich geprägten Regionen erschweren die allgemeinen infrastrukturellen Rahmenbedingungen die Besetzung von Arztsitzen in der vertragsärztlichen Versorgung. Besondere Fördermaßnahmen sind daher zum Erhalt einer flächendeckenden Versorgung zwingend erforderlich.

„Zuschläge für die Niederlassung im ländlichen Raum können helfen. Diese Maßnahmen dürfen aber nicht zu Lasten der Versorgung in Ballungsräumen gehen,“ warnt Gassen. Schon heute erwirtschaften Hausärztinnen und Hausärzte in Ballungsräumen geringere Überschüsse je Arbeitsstunde als ihre Kollegen in ländlichen Regionen. Dies zeigen aktuelle Auswertungen des Zi zur wirtschaftlichen Lage der hausärztlichen Versorgung (Tabelle 1). „Wer die wirtschaftlichen Voraussetzungen hier weiter verschlechtert, könnte am Ende mit weniger Hausärzten in Stadt und Land da stehen,“ so Gassen.

Um sich den Kosten entsprechender Fördermaßnahmen zu entziehen, bringen Vertreter von Krankenkassen und Politik immer wieder eine scheinbar einfache Alternativlösung ins Spiel: Sollen doch die Krankenhäuser die ambulante Behandlung übernehmen.

Tatsächlich werden die Krankenhäuser gerade in Regionen mit einer schwächeren vertragsärztlichen Versorgungsstruktur überdurchschnitt-lich stark in Anspruch genommen. Dies hat das Zi bereits im vergangenen Jahr festgestellt  (<link http: www.zi.de cms presse _blank link>www.zi.de/cms/presse/2013/25-juni-2013/). „Krankenhäuser sind spezialisierte Einrichtungen, die keine Allgemeinmedizin betreiben. Eine überdurchschnittliche Inanspruchnahme der Krankenhäuser ist ein Anzeichen eines ambulanten Versorgungsdefizits und kein Argument dafür, den Krankenhäusern zusätzlich noch Aufgaben in der ambulanten Versorgung zu übertragen.“ erläutert Gassen.

In Regionen mit wenig niedergelassenen Ärzten haben auch die Kliniken Personalprobleme. Dies zeigt eine Analyse der Arztdichte in den 882 Mittelbereichen (Definition des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung), die das Zi vorgenommen hat. Eine niedrige bzw. hohe Arztdichte betrifft die vertragsärztliche und die stationäre Versorgung jeweils in vergleichbarer Weise (Abbildung 2). Zudem gibt es in vielen Mittelbereichen keine Krankenhäuser. Eine besonders hohe Arztdichte findet sich hingegen begründeter Weise vor allem an Universitätsstandorten, die über eine medizinische Fakultät verfügen. Gassen folgert daraus: „Krankenhäuser leiden unter schlechten Rahmenbedingungen genauso wie die vertragsärztliche Versorgung. Eine Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung kann daher wohl kaum zur Entspannung der Versorgungslage in drohend unterversorgten Regionen beitragen. In diesen Regionen suchen die Kliniken vielmehr die Kooperation mit den Niedergelassenen, um die angespannte Personalsituation zu entlasten.“

Bitte beachten:

<link file:324 pdf>2 Folgeseiten mit zwei Abbildungen und einer Tabelle

Weitere Informationen

Daniel Wosnitzka

Leiter Stabsstelle Kommunikation / Pressesprecher