Anlässlich der heutigen Fachkonferenz des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) und der Charité zu den Perspektiven der Akut- und Notfallversorgung erklärt der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried:

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat am 28. Oktober 2020 den Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ (GVWG) vorgelegt. Darin enthalten sind auch Festlegungen zur Reform der ambulanten Notfallversorgung.

„Nicht selten stehen Menschen mit akuten Krankheitsbeschwerden vor der Frage, ob sie sich damit an ihre Hausarztpraxis wenden oder sich spontan im Krankenhaus vorstellen sollen. Statistiken zeigen, dass sich jeder zehnte Versicherte im Akutfall an die Notfallambulanz einer Klinik wendet. Mindestens ein Drittel bis etwa die Hälfte dieser Patientinnen und Patienten könnte aber durch eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt behandelt werden. Dadurch könnten Ressourcen geschont werden, die eigentlich der Versorgung medizinischer Notfälle dienen. Seit dem 1. Januar 2020 haben gesetzlich Versicherte deshalb die Möglichkeit, unter der Servicenummer 116117 der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) eine telefonische Ersteinschätzung der Akutbeschwerden zu erhalten. Die Anrufer werden dazu von qualifiziertem Personal strukturiert befragt. Die KVen vermitteln auf dieser Grundlage eine der Dringlichkeit angemessene ärztliche Versorgung. Sie werden dabei durch die Software SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland) unterstützt.

Der aktuell vom BMG veröffentlichte Entwurf des GVWG sieht in § 120 (Absatz 3b) SGB V vor, dass zukünftig die Kassenärztliche Bundesvereinigung bundesweit einheitliche Vorgaben zur Durchführung einer qualifizierten und standardisierten Ersteinschätzung des ambulanten medizinischen Versorgungsbedarfs von Hilfesuchenden vorzunehmen hat, die sich an Notfallambulanzen der Krankenhäuser wenden. Ziel dieser Ersteinschätzung ist die Feststellung, ob das Krankenhaus die angemessene Versorgungsebene ist.

Dass eine solche Regelung eine sinnvolle Ergänzung der telefonischen Ersteinschätzung sein kann, zeigt das Beispiel Dänemark. In dänischen Notaufnahmen wird dem Grunde nach jeder Patient auf Basis einer entsprechenden medizinischen Ersteinschätzung mit Voranmeldung behandelt. Dies erlaubt einen hohen Effizienzgrad in der Organisation der Notaufnahmen, da die Arbeitsabläufe und der Personalbedarf vorausschauend angepasst werden können. Zudem wird eine effizientere Arbeitsteilung zwischen Arztpraxen und Notaufnahmen unterstützt. Die dänischen Erfahrungen mit der Einführung einer entsprechenden Steuerung zeigen, dass dadurch auch deutlich bessere Ergebnisse in der medizinischen Versorgung erreicht werden konnten. Die Patientensicherheit wurde deutlich gesteigert. Dies sollte zur Prüfung anregen, wie wir in Deutschland zentrale Gedanken des dänischen Modells implementieren können. Eine regelhafte Voranmeldung von Notfallpatienten in Notaufnahmen kann zum Beispiel auch in Deutschland auf digitalem Wege erreicht werden. Bereitschafts- sowie Kooperations- und Partnerpraxen, die ebenfalls in ein solches Anmeldungssystem aufgenommen werden, könnten eine ressourcenschonende Arbeitsteilung in der Akutversorgung unterstützen. Dafür gibt es konkrete Modellvorhaben in Deutschland. Kurzum: Soweit der Fokus auf besseren Prozessen und weniger auf der Schaffung neuer Institutionen liegt, sind auch im bestehenden System Verbesserungen in der Akut- und Notfallversorgung greifbar.“

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Daniel Wosnitzka

Leiter Stabsstelle Kommunikation / Pressesprecher